08 Israel: Chanukka, Weihnachten und das Licht
Deshalb gehen sie vorher noch zum Elisenbrunnen und da steht Eschi nun mit offenem Mund.
Er sieht einen riesig hohen Kerzenleuchter in einer ganz besonderen Form. „Papa, was ist das? Hat das auch etwas mit Weihnachten zu tun?“ fragt Eschi.
Elisa versteckt sich hinter ihrer Mama. Ihr ist dieser Aufbau unheimlich.
„Nein, Eschi, das hat überhaupt nichts mit unserem Weihnachtsfest zu tun. Das ist die Vorbereitung auf das jüdische Chanukka – Fest. Die jüdischen Familien feiern in diesen Tagen ein besonderes Lichterfest und heute Abend wird an diesem Leuchter das erste Licht feierlich entzündet. Bis das anfängt, bleiben wir auf dem Weihnachtsmarkt und schauen uns dann hier an, was passiert.“
Als Eschi mit seiner Familie an den Elisenbrunnen zurückkehrt, ist dort schon jede Menge los.
Man hört jüdische Musik und viele Kinder laufen zwischen den Säulen hin und her. Es ist ein fröhliches Getümmel. Die Kinder halten bunte Lichter in der einen Hand und immer wieder naschen sie von der Sufganiyah, einem traditionellen jüdische Hefegebäck mit Marmelade.
Ein Kind gibt Eschi und Elisa ein Knicklicht und eine Frau bietet der Familie heiße Kartoffelpuffer an.
Elisa möchte stattdessen etwas Süßes und ein Kind schenkt ihr eine Sufganiyah.
Bald ist Elisa wie viele andere Kinder über und über mit Marmelade bekleckert, aber sie lacht und läuft fröhlich mit den anderen Kindern mit.
Papa und Mama unterhalten sich mit anderen Müttern und Vätern.
Dann ertönt auf einmal ein Gong und alle werden still. Sie stellen sich in einem großen Halbkreis auf. Ein Mann mit einem schwarzen Hut und einem langen Mantel klettert auf eine Leiter. Papa flüstert: „Das ist ein Rabbiner, ein jüdischer Geistlicher und Leiter der jüdischen Gemeinde hier in Aachen.“
In der Hand hält der Rabbiner ein Glas und stellt es in die erste Öffnung des Leuchters. Dann wird das Licht in dem Glas angezündet und alle beginnen zu klatschen und zu jubeln.
Als es wieder still ist, sagt der Mann: „Wir haben nun das erste Licht an unserer Chanukkia angezündet.
Wir danken Gott, dass wir jetzt an jedem Tag ein neues Licht entzünden dürfen.
Wir erinnern uns an das Ölwunder bei der Wiedereinweihung des zweiten Tempels in Jerusalem im Jahr 164 vor Christus.
Damals sollte der Leuchter im Tempel entzündet werden und acht Tage brennen, doch es war nicht genügend reines Öl dafür da.
Es reichte nur noch für einen Tag. Aber die Menschen haben auf den Herrn vertraut und das Licht entzündet. Und durch ein Wunder brannte das Licht acht Tage, bis das neue Öl fertig war.“
An dieser Stelle gibt es großen Applaus und die Menschen fangen an zu singen:
„Bewahre uns wie Kinder, verlasse uns nicht!
Gib uns Licht und jugendliche Freude und immer neue Kraft!“
Der Rabbi spricht weiter: „Bei Chanukka, dem Lichterfest, geht es darum, Licht in die Welt zu bringen.
Wenn ich mit meiner Kerze eine weitere Kerze anzünde, dann verbreitet sich das Licht weiter. Es wird nicht weniger, weil ich etwas abgebe, es wird ganz im Gegenteil mehr, weil ich es teile. Das gilt auch für uns Menschen: Wenn wir miteinander teilen, wenn wir etwas von uns selber weitergeben, dann werden wir größer.
„Ich bin geboren für einen Frieden, der erst noch kommen wird.
Ich bin gekommen für einen Frieden, der erst noch erscheint.
Aber ich will, ich will ihn schon jetzt erleben!“
singen die Menschen nun und Eschi denkt: Ja, das will ich auch!
Und er fühlt sich richtig wohl, weil er merkt, dass es ganz egal ist, woher die Menschen kommen, weil sie alle dasselbe wollen, nämlich Licht für alle Menschen.
Es ist gerade wie in einer ganz großen Familie.
Die Feier geht noch lange weiter und die Menschen tanzen und lachen miteinander.
Die Kinder werden gar nicht müde, aber dann ist das Fest schließlich doch zu Ende und alle gehen nach Hause.
Eschi und seine Familie müssen noch mit dem Auto fahren, aber das macht nichts.
Noch im Traum hört Eschi die fröhlichen Lieder.
Am nächsten Tag – beim Frühstück – können sie tatsächlich jeder noch eine Sufganiyah essen und Eschi sagt: „Papa, das war ein ganz toller Abend.
Und ein bisschen hat mich das auch an Weihnachten erinnert, auch wenn es ein ganz anderes Fest ist.“
Papa sagt: „Jetzt bin ich aber gespannt!“ und auch Mama hört ganz genau zu, was Eschi verstanden hat.
„Der Rabbiner hat doch gesagt, wie er das Fest versteht. Es ist ein Fest des Lichtes, ein Fest der Güte und Mitmenschlichkeit.
Und genau das hat Jesus zu den Menschen gebracht, als er geboren wurde.“
„Ja, Eschi das stimmt, aber trotzdem sind Weihnachten und Chanukka zwei ganz verschiedene Feste.“
„Papa, das habe ich kapiert. Aber alles kommt doch von Gott:
Jesus ist der Sohn Gottes und das Licht der Welt. Gott schenkt den Menschen seine Güte und will, und dass wir alle an unsere Mitmenschen denken.
Und Hauptsache, alle Menschen, die an Gott glauben, versuchen so zu sein und können damit den andren Menschen Licht bringen!“
„Toll, Eschi, so gesehen hast du recht!“ sagt Mama und nimmt ihn in den Arm. „So sollten alle Menschen denken, dann gäbe es bestimmt
weniger Streit und Krieg.“
„Das wünsche ich mir auch“, sagt Eschi und schaut in die brennenden Adventkranzkerzen. „Dann wäre endlich FRIEDEN!“
„Ich auch“, sagt Elisa und lacht. „Papa jetzt Tannenbaum kaufen!“
Papa lächelt Elisa an und sagt: „Ja Elisa, du hast recht. Auch der Tannenbaum bringt Licht in unsere Welt.“