20. Ungarn
Die Hirten an der Krippe
Boglárka und Bence sind Geschwister und leben mit ihren Eltern in einem Dorf in der Puszta.
Die beiden sind heute mit ihrem Schlitten unterwegs zur Kirche. Dort üben sie zusammen mit anderen Kindern das Stück für die Hirtenweihnacht.
Alle Kinder in Ungarn kennen Hirten. Die ziehen den ganzen Sommer mit ihren Herden über die Puszta, immer auf der Suche nach Futter für die Tiere. Sehr oft übernachten sie in einem Zelt, weil der Weg nach Hause zu weit ist.
Der Großvater von Boglárka und Bence war ein Hirte und auch ihr Vater hat diesen Beruf. Boglárka und Bence sind sehr stolz darauf und beide wollen auch einmal Hirten werden.
Im Hirtenspiel für Weihnachten sind sie jedenfalls schon einmal Hirtin und Hirte. Sie tragen bei der Aufführung auch beide die ungarische Hirtentracht: Ein blaues Hemd, weite blaue Hosen, einen Hirtenhut und einen weiten Hirtenmantel.
Jetzt sind sie in der Kirche angekommen und vor dem Altar brennt schon das Hirtenfeuer.
Boglárka und Bence setzen sich an das Feuer und als Joscha noch dazukommt, sind die Hirten vollzählig und die Probe beginnt.
Das Theaterstück
Erzähler:
Wie in jeder Nacht sitzen die Hirten rund um das Feuer. Es ist kalt und sie wickeln sich fest in ihre warmen Mäntel. Die Schafe schlafen in ihrem Gehege und die beiden Hirtenhunde liegen in ihrer Nähe.
Aber die Hirten sind noch wach. Irgendwie können sie nicht schlafen – irgendetwas ist anders.
- Hirte:
Ich weiß nicht, was heute mit mir los ist. Ich bin ganz aufgeregt und kribbelig. Als ob etwas total Aufregendes passieren würde.
- Hirte:
Ich merke nichts. Mir ist nur einfach kalt und deshalb kann ich nicht schlafen. Aber ich geh mal gucken, ob mir etwas auffällt.
Erzähler:
Der Hirte stapft los.Und dann passiert tatsächlich etwas.
Der Himmel wird ganz hell und die Hirten sehen, wie vom Himmel ein Engel zu ihnen herabkommt. Die Hirten erschrecken.
- Hirte:
Wer ist das? Wo kommt diese Gestalt her?
Erzähler:
Die Hirten halten sich die Augen zu, weil das helle Licht sie blendet.
Auch die Schafe sind inzwischen wach und blöken laut. Die Hunde rennen wild um das Gehege. Der Hirte kommt zurück und ist ganz aufgeregt.
- Hirte:
Seht ihr dort oben den hellen Stern. Der bewegt sich die ganze Zeit.
Ich hab Angst, ich glaube, die Welt bricht heute Nacht auseinander.
Erzähler:
Und jetzt, in diesem Durcheinander, hören sie eine laute, aber sehr liebe Stimme. Der Engel spricht zu den Hirten.
Der Engel:
Fürchtet euch nicht! Hört, ich verkündige euch heute eine große Freude.
Allen Menschen ist der Heiland geboren! Gottes Sohn kommt in die Welt!
Geht und erzählt es überall weiter.
Erzähler:
Vor lauter Schreck stehen die Hirten wie erstarrt. Aber der Engel hat gesagt: Fürchtet euch nicht!
Die Hirten beruhigen sich langsam und wollen den Engel noch etwas fragen, etwas sagen, aber er ist weg.
Die Hirten sind wieder allein.
Der Schreck der Hirten verwandelt sich in Staunen.
Was ist da gerade passiert?
Sie schauen in den Himmel und sehen, dass der Stern wieder wandert.
- Hirte:
Seht doch, der Stern wandert wieder. Und er hat einen langen Schweif.
Das ist ein Königsstern. Kommt, wir wollen sehen, wohin er zieht!“
Erzähler:
Die Hirten folgen dem Stern, bis er vor einem Stall stehenbleibt.
- Hirte:
Ich glaube, der Stern will uns sagen, dass wir in den Stall hineingehen sollen.
Erzähler:
Und genau das tun die Hirten. Sie gehen in den Stall und finden dort das Kind in der Krippe liegen und Maria und Josef stehen daneben.
Die Hirten knien nieder. Etwas Anderes kommt ihnen nicht in den Sinn.
Dann laufen sie los und erzählen überall, was passiert ist.
Soweit die Geschichte.
Eschi ist es, als hätte er zusammen mit den Hirten am Feuer gesessen und hätte alles miterlebt.
Er spürt: Die Hirten sind sehr wichtig in der Weihnachtsgeschichte, aber warum, das weiß er nicht so ganz.
Aber Opa kann ihm bestimmt helfen, das zu verstehen.
Nachmittags sitzt Opa in seinem Lesesessel und döst vor sich hin.
Vorsichtig fragt Eschi: „Opa, darf ich dich stören?“
„Aber Eschi, du störst doch nicht. Was hast du denn auf dem Herzen?“
„Ich habe heute Morgen in meinem Adventkalender eine Geschichte aus Ungarn gefunden. In der Geschichte spielen Kinder in einem Theaterstück die Weihnachtsgeschichte, wie die Hirten sie damals erlebt haben. Als ich das gelesen habe, da habe ich gemerkt, dass die Hirten für Weihnachten ganz wichtig sind. Aber warum ist das so?
Eschis Opa denkt eine Weile nach und sagt dann: „Ein Hirte muss treu und zuverlässig sein, weil er sich um Schafe kümmert, die ihm anvertraut werden. Die Schafe sind wertvoller Besitz: Ihre Wolle wird benutzt, damit die Menschen Kleidung haben, ihre Milch kann man trinken und ihr Fleisch essen. Ein Hirte muss auch mutig sein, um die Tiere vor wilden Tieren zu schützen. Und Schafe sind Lebewesen, die Zuneigung und Geborgenheit brauchen.
Die Hirten sind einfache Menschen; ihnen ist es nicht wichtig, in einem großen Haus zu wohnen oder viel Geld zu haben.
Sie leben mit den Tieren in der Natur. Deshalb waren sie damals bei den Menschen aus der Stadt nicht so gut angesehen.
Aber für Gott ist das anders: Er will, dass alle Menschen in Liebe und Frieden leben können. Und weil das für arme und einfache Menschen schwierig ist, hat der Engel die Frohe Botschaft zuerst zu den einfachen Menschen gebracht, um ihnen Hoffnung und Vertrauen zu schenken.
Für sie und dann für alle Menschen sollte es ein besseres Leben geben.
Und weil die Hirten zuverlässig und treu ist, wusste Gott, dass die Botschaft von der Geburt Jesu weitergegeben wird und dass sie so alle Menschen erreichen kann.
Eschi ist froh, dass es damals die Hirten gegeben hat!