Eschi sucht eine Herberge
Eschi denkt: Mensch, heute Nachmittag ist auch noch Training auf dem Fußballplatz. Da hab ich doch nun wirklich keine Lust zu - ich werde nass und mir wird kalt.
Ich würde viel lieber drinnen mit Oma, Mama und Elisa Kakao trinken und mich einkuscheln und lesen oder fernsehen.
Und dann solange sitzenbleiben, bis das Wetter wieder besser wird.
Und was noch schrecklicher ist: Morgens wird es jetzt immer dunkler, wenn er zur Schule gehen muss.
Eschi mag den Herbst nicht, dann schon eher den Winter.
Er nimmt einen Zettel und schreibt: Was mag ich am Winter?
Schnee, Schlitten fahren, Nikolaus, Weihnachten, Ferien, bunte Lichter, Weihnachtsmarkt, schöne Filme im Fernsehen, eine warme Heizung, ein kuscheliges, warmes Bett mit einer dicken Decke, ein dickes Buch mit spannenden Geschichten….
Vieles davon bedeutet für ihn Gemütlichkeit und Geborgenheit.
In der Schule müssen sie jetzt ein ganz altes Gedicht lernen und den Anfang davon mag Eschi überhaupt nicht. Der geht so:
Markt und Straßen stehn verlassen,
still erleuchtet jedes Haus.
Sinnend geh ich durch die Gassen,
alles sieht so festlich aus.
Wenn er sich das vorstellt: Alle sitzen in ihren Häusern und feiern Weihnachten, nur einer geht ganz allein an den Häusern vorbei.
Eschi denkt: Wenn ich derjenige wäre, der da an den Häusern vorbeigeht:
Ich würde mich gar nicht wohl fühlen – so ganz allein und ausgeschlossen
da draußen im Kalten. Das finde ich sehr traurig.
Auch jetzt hat er dieses Gefühl und fast bekommt er noch schlechtere Laune – aber Gott sei Dank – Mama ruft: „Eschi, komm, Kakao trinken und Waffeln essen. Das ist gut gegen das Wetter draußen!“
Eschi springt auf und läuft in die Küche und umarmt Mama stürmisch. „Ich bin so froh, dass es dich gibt. Bei dir geht er mir immer gut, egal, was draußen los ist.“
Mama schaut verdutzt, aber auch sie umarmt Eschi und flüstert ihm ins Ohr: „Ich hab dich ja auch sehr lieb!“
Dann sagt sie laut: „Übrigens, dein Trainer hat angerufen. Heute ist kein Fußball, es ist zu scheußliches Wetter. Wir können es uns ganz gemütlich machen!“
Und das tun sie dann auch.
In der Nacht träumt Eschi: Er ist mit seinen Eltern unterwegs. Es stürmt und regnet und nirgendwo ist ein Haus, in das sie gehen können.
Es sind viele Menschen unterwegs, sie alle suchen ein Dach über dem Kopf.
Schließlich kommen sie in ein Dorf, aber nirgendwo gibt es ein freies Zimmer. Immer weiter wandert Eschi mit seiner Familie, bis sie schließlich eine verlassene Hütte entdecken.
Dort finden sie endlich Unterschlupf vor dem Regen und dem Wind.
Am nächsten Morgen wacht Eschi auf und denkt: Gott sei Dank liegen wir hier zu Hause alle in einem warmen, gemütlichen Bett und haben ein Dach über dem Kopf.
Das müsste es für alle Menschen geben!
Da fällt ihm ein Schild ein, dass er im Schaukasten an der Kirche gesehen hat.
Es war ein abgerissenes Stück Papier und darauf stand:

Beim Frühstück erzählt Eschi von seinem Traum und von dem Zettel im Schaukasten.
Dann sagt er: „Eigentlich müssten wir hier im Dorf der Familie helfen!“
Opa sagt: „Eschi, ja, du hast recht, EIGENTLICH müssten wir helfen!
Aber wie soll das gehen?
Sieh mal, wir leben hier in unserem Haus mit sechs Personen. Der Platz ist für uns völlig ausreichend, aber mit mehr Menschen würde es sehr schwierig.
Außerdem kennen wir die Familie nicht, wir wissen nichts über sie – das ist die nächste Schwierigkeit.
Wenn man helfen will, muss man auch an sich selbst denken. Und das gilt für alle hier im Dorf! Man kann nur helfen…!“
Eschi unterbricht: „Ja, Opa, uns allen geht es gut; aber der Familie geht es schlecht. Das ist ungerecht und da müssen wir doch helfen!“
Opa antwortet: „Natürlich ist es wichtig, auf andere zu schauen und ihnen zu helfen, wenn sie Hilfe brauchen. Aber dabei ist es wichtig, zu schauen, dass es allen gut geht. Oder - möchtest du dein Zimmer abgeben und in den Rumpelraum umziehen?“
Eschi überlegt kurz und sagt dann: „Opa, ich weiß, was du meinst! Im Rumpelraum ist keine Heizung und eine richtige Zimmerdecke gibt es auch nicht! Wenn ich mein Zimmer abgeben würde, dann müsste ich mir ein neues Zimmer suchen und auch einen Zettel in den Schaukasten hängen! Aber was könnten wir denn tun?“
Papa sagt: „Übermorgen ist Bürgermeister – Sprechstunde. Dort können wir beide zusammen hingehen und den Bürgermeister um Mithilfe bitten. Vielleicht hat der eine Idee!“
Eschi lächelt und freut sich, dass Papa ihn unterstützen will. Er sagt: „Danke, Papa, das machen wir. Und ich schreibe mal auf, was eine Familie braucht, damit es ihr gut geht.“
