Leitartikel April 2025:Zwischen den Zeilen der Wert des Friedens

In diesem Jahr fällt in den Mai auch ein besonderer Gedenktag der deutschen Geschichte. Nach mehr als 5 Jahren Krieg schwiegen in Europa vor 80 Jahren endlich die Waffen. Am 8. Mai 1945 trat die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht in Kraft. Die Bilanz des 2. Weltkrieges ist erschütternd: Über 60 Mio. Menschen starben, mehr als 6 Mio. europäische Jüdinnen und Juden wurden ermordet, 17 Mio. Menschen galten als verschollen, weite Teile Europas waren zerstört. Der 8. Mai erinnert uns nicht nur an die Schrecken des Krieges, sondern auch an den Wert des Friedens. Wie zerbrechlich Frieden und Demokratie sind, erleben wir gerade hautnah. Wieder nehmen in unserer Zeit Vorurteile, Fremdenfeindlichkeit und Hetze zu. Mehr denn je brauchen wir Solidarität, Toleranz und Zusammenhalt für ein friedliches Zusammenleben in unserer Gesellschaft. Dazu sind wir vor allem als Christen aufgerufen.
Zu den Verschollenen des 2. Weltkrieges gehört auch mein Onkel Kurt, der einzige Bruder meiner Mutter, den ich nie kennengelernt habe. Sein Name ist auf dem Grabstein meiner Großeltern angebracht. Als Soldat war er in Russland und gilt seit Kriegsende als vermisst. Noch in den letzten Kriegstagen hatte ein Kamerad Kontakt mit ihm, dann verliert sich seine Spur. Viele Jahre später fand ich zu meiner Überraschung nach dem Tod meiner Mutter ein kleines Tagebuch, das ihr Bruder an der Front geführt hatte. Ich hielt es in Händen als einen kostbaren Schatz und fragte mich, wie es wohl den Weg zum elterlichen Haus gefunden hatte. Als ich darin las, war ich tief berührt von den Erfahrungen und Empfindungen, die in dem Büchlein festgehalten waren. Besonders beeindruckt hat mich das tiefe Gottvertrauen in und zwischen den Zeilen. Das ist für mich ein wertvolles Vermächtnis. Gerade in einer Zeit wie der Jetzigen, in der uns Kriege und Krisen Angst machen können, nehme ich mir ein Beispiel an diesem jungen Soldaten, der in sein Tagebuch schrieb: Was immer auch geschieht, ich weiß mein Leben in Gottes Hand! Diese glaubende Zuversicht wünsche ich uns allen.
Sr. Martina Kohler SSpS